Drei Wünsche an die Medien zur Berichterstattung über Menschen mit Behinderung

Foto: NaLos_MehrBlick interviewt die Sportlerin Sonja Scholten
Als Online-Journalistin ist es mir wichtig, immer auch MIT den Menschen zu sprechen. Hier bei einem Videodreh mit Sonja Scholten, die mit einer Beinprothese im Tischtennis sehr aktiv ist.

Medien machen Meinung: Die Medien verbreiten Informationen und tragen so zur allgemeinen Meinungsbildung bei. Das an sich ist nicht schlimm. Aber die Medienmacher tragen somit eine gewisse Verantwortung. Und entscheidend dabei ist nicht nur WORÜBER sie berichten, sonder auch WIE.

Dass bei der Berichterstattung nicht immer alles optimal läuft, wissen auch Menschen mit Behinderung, die oft zum Thema von journalistischer Arbeit werden.

 

Was also könnten die deutschen Medienmacher noch besser machen?

1) Nicht ohne uns über uns!

Verschiedene Themen erfordern verschiedene Interview- und Gesprächspartner, um den Sachverhalt umfassend zu beleuchten. Doch gerade wenn es um das Thema Behinderung geht, neigen viele (nicht alle) Medienmacher dazu, mit Menschen ohne eine Behinderung ÜBER Menschen mit Behinderung zu sprechen. Dabei sind doch gerade Menschen mit Behinderung die eigentlichen Experten in eigener Sache.

2) Über den thematischen Tellerrand blicken!

Klar, Inklusion wabert inzwischen so stark durch die Medienlandschaft, dass einige Leser es schon nicht mehr hören können. Aber es ist nun mal ein aktuelles Thema. Und die verschiedenen Beiträge und (Leser-)Kommentare zeigen, dass es noch immer viel Gesprächsbedarf gibt. Aber Inklusion ist nicht „nur“ Schule. Es umfasst so viel mehr. Inklusion betrifft unsere gesamte gesellschaftliche Struktur. Die UN-Konvention und ihre Umsetzung sollten also genauso Thema sein wie das Teilhabegesetz. Oder wie wäre es damit, mal nicht nur über das medizinische Verständnis von Behinderung an ein Thema heranzugehen? Alternativ könnte man sich eigentlich jedem Thema nämlich auch über das soziale Verständnis von Behinderung nähern. Dabei tauchen dann oft ganz neue, spannende Fragen auf.

3) Weg mit den Klischees!

Ob in Wort oder Bild – Klischees, die in den Köpfen scheinbar tief verankert sind, zeigen sich auf unterschiedliche Art und Weise. Ob nun ein Bild mit dem vermeintlich autistischen Jungen hinter der Milchglasscheibe oder die Anmoderation, in der Menschen an den Rollstuhl „gefesselt“ sind – der Realität entsprechen solche visuellen und sprachlichen Bilder in der Regel nicht. Aber auch die Themenauswahl und die journalistische Herangehensweise lassen oft etwas über den zugrundeliegenden Annahmen zum Thema durchblitzen. Ganz schlimm ist dann immer das Argument: „Aber unsere Leser/Zuschauer wollen doch genau das sehen.“ Wollen sie das wirklich? Und selbst wenn: Probiert doch einfach mal etwas Neues aus – ganz ohne die Klischees. Davon können wir alle nur profitieren.

Was sind deine Wünsche an die Medien(macher)?


13 Gedanken zu “Drei Wünsche an die Medien zur Berichterstattung über Menschen mit Behinderung

  1. Hallo!
    Ich fände es auch auch gut, wenn das Thema von unterschiedlichen Gesichtspunkten und Blickwinkeln beleuchtet werden würde. Eben wie du beschrieben hast von sozialer und medizinischer Hinsicht, in Bezug auf Wirtschaft und Politik, Arbeitsmarkt, etc. Das ist es ja auch, was guten Journalismus ausmacht: Neues aufzudecken beziehungsweise den Leser/Zuseher mit einer völlig neuen Herangehensweise zu überraschen und so zu einer kritischen Meinungsbildung zu verhelfen. Ich finde aber, das es heutzutage oftmals sehr schwierig ist, qualitativ hochwertige Beiträge im TV und in der Zeitung zu erhalten. Viele Berichterstatter präsentieren nämlich genau das, was die Konsumenten sehen wollen – und stellen nicht die tatsächliche, ungeschminkte Realität dar…

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    1. Hallo Julia,

      danke für deinen Kommentar und dein Feedback!
      Ich kann dir durchaus zustimmen. Viele Medienmacher arbeiten nach wie vor nach Schema F und zeigen das, von dem sie denken, dass das „Publikum“ es sehen/lesen möchte. *seufz*

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  2. Es wird zu oft einseitig von Gewalttätigkeit der Psychisch erkrankten Menschen berichtet.
    Darüber, das von Ärzten und Pflegern gegenüber den Patienten Gewalt angetan wird ist offenbar
    ein Thema das niemanden interessiert.
    Oder ist Isolation, Zwangsmedikation, Fixierung usw. keine Gewalt.?
    Die Begründung, das diese Maßnahmen nur als das letzte Mittel angewendet werden, ist , wenn man die Psychiatrie von innen kennt , purer Hohn den betroffenen Menschen gegenüber.

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    1. Danke, Hildegard, für deinen Kommentar! Ja, das stimmt schon, Gewalt in Form von Isolation, Zwangsmedikation oder Fixierung wird nur sehr selten thematisiert…
      Was meinst du, woran das liegt? Sehen es die Medienmacher nicht oder trauen sie sich einfach nicht an das Thema?

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      1. Danke für deine Rückmeldung, Die Medienmacher trauen sich mit Sicherheit nicht an dieses
        Thema heran, weil es mit Sicherheit nicht einfach ist in einem Land, das in Bezug auf
        Menschenrechtsverletzungen und Euthanasie eine furchtbare Vergangenheit hat , öffentlich zu machen das es immer noch Gesetze gibt, die eben massive Benachteiligung von behinderten
        Menschen ermöglichen. Ich weiss das dies sich hart anhört, aber wenn man sich intensiv mit
        dieser Thematik befasst , erkennt man eine Wirklichkeit hinter der schönen Fassade , die
        mir Angst macht.
        lg Hildegard

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