Schimpfwörter, die keine sein sollten

Mit Sätzen wie „Hey du Spasti, bist du schwul oder was?!“ oder „Ey du Schwuchtel, wie behindert bist du denn?!“ erkundigt sich der jeweilige Fragende sicher nicht ernsthaft nach der sexuellen Orientierung und dem Behinderungsgrad seines Gegenübers.

Viel mehr ist es so, dass es sich inzwischen (leider) durchgesetzt hat, Wörter wie behindert, schwul, Spasti oder Schwuchtel als Schimpfwörter zu benutzen. Und es geht schon im Kindesalter los.

Alles nur halb so schlimm?

Eine Studie der Humboldt Universität Berlin ergab, dass 62 Prozent der Berliner Sechstklässler die Begriffe „Schwuchtel“ und „schwul“ als Schimpfwort verwenden. Die Studie wurde mit 787 Schülerinnen und Schülern aus 20 Berliner Schulen durchgeführt.

Eine vergleichbare Studie zur Verwendung des Wortes behindert gibt es meines Wissens nach nicht, aber die Tendenz ist eindeutig. Auf der Straße im Vorbeigehen oder in den öffentlichen Verkehrsmitteln – überall tönen mir inzwischen solche Sätze entgegen. Und das nicht nur von Jugendlichen. Auch viele Erwachsene haben den angeblich harmlosen Jugendjargon übernommen.

Mein Vorwurf: Diskriminierung.
Hauptgegenargument: Ist doch nur Umgangs- beziehungsweise Jugendsprache.

Und damit soll die Diskussion beendet sein? Nicht für mich!

In einem Online-Forum für Teenies kam beispielsweise mehrfach das Argument auf, dass man die Bezeichnung doch in dem Moment nicht auf Personen beziehen würde, sondern dass es einfach „nur eine Beleidigung“ sei.

Anderssein wird abgewertet

Doch es ist nicht einfach NUR eine Beleidigung. Es ist eine Diskriminierung, die sich offenbar schon so stark in den Sprachgebrauch unserer Gesellschaft eingebürgert hat, dass vielen inzwischen einfach das Bewusstsein dafür fehlt, dass es auch ohne eine böse Absicht diskriminierend ist. PUNKT.

Denn wenn besagte Bezeichnungen quasi als Synonym für etwas Negatives stehen, dann handelt es sich auch um eine Abwertung des Begriffes an sich. Und des Inhaltes, der dahinter steht.

Ich glaube vielen sogar, dass sie keine bösen Absichten damit verfolgen und (sich) nicht(s) dabei denken. Aber das macht es ja nicht gerade besser.

Im Gegenteil: Wenn man auf die Problematik dahinter angesprochen wurde, und seinen Sprachgebrauch dann trotzdem noch nicht hinterfragt und im Falle der Einsicht anpasst, dann finde ich es eigentlich noch schlimmer als nicht darüber nachzudenken.

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5 Gedanken zu “Schimpfwörter, die keine sein sollten

  1. Das gleiche passiert auch mit dem Wort Autismus, allerdings auch von Menschen, die weitaus mehr Sprachbewusstsein haben als Kiddies auf dem Schulhof. Beispielsweise nutzt Stefan Niggemeier auf Twitter das Wort Autismus als Abwertung, auch Zeitungen greifen ganz selbstverständlich darauf zurück. Hier gibt es meiner Meinung nach noch weniger Bewusstsein dafür, was da passiert, als bei „behindert“. Keine Tageszeitung würde davon schreiben, dass ein Politiker sich „behindert“ benimmt um sein Verhalten als negativ zu werden. Autistisch ist allerdings gern genommen zu diesem Zweck. Dass der semantische Gehalt ausschließlich auf Vorurteilen beruht und nichts mit der Realität von Autismus-Spektrums-Störungen zu tun hat, muss ich wohl nicht ausführen. Trotzdem und gerade deshalb bitter.

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    1. Ja, da muss ich dir leider zustimmen. Das ist mir in letzter Zeit auch vermehrt aufgefallen. Das Wort wird wie selbstverständlich von verschiedenen Medien in völlig unangebrachten Kontexten verwendet. Wie so etwas in Redaktionen durchgehen kann, kann ich (selbst Journalistin) auch überhaupt nicht nachvollziehen. Das zeigt aber auch, wie du ja schon schreibst, dass es in der Regel immer offenbart, welche Vorurteile noch in den Köpfen zur Autismus-Spektrum-Störung existieren. LEIDER!

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