Symbole prägen uns und unser Denken. Besonders grafische Symbole werden in der Regel sogar weltweit verstanden. Nicht ohne Grund funktionieren die stilisierten Symbole für Mann und Frau weltweit an Türen von öffentlichen Toiletten. Das Symbol für barrierefreie Toiletten ist ebenfalls bekannt und verbreitet.
Leider.
Das bezieht sich nun aber bestimmt nicht auf die Verbreitung von barrierefreien Toiletten an sich. Denn die ist noch lange nicht genug vorangeschritten. Es müsste sogar noch viel viel mehr barrierefreie öffentliche Toiletten geben. Aber das ist eine ganz andere Baustelle, um die es hier gerade nicht gehen soll.
Nein, es geht viel mehr um das Symbol selbst, das solche Toiletten oder generell rollstuhlgerechte Orte kennzeichnet. Denn wenn man es sich mal genauer betrachtet, sitzt der Rollstuhlfahrer regungslos und passiv in seinem Rollstuhl, die Arme aufgelehnt. Aktivität sieht definitiv anders aus.
Wo ist das Problem?
Ich wiederhole mich an dieser Stelle gerne: Symbole prägen uns und unser Denken. Sie verankern in unseren Köpfen Bilder von der Welt, die uns umgibt. In diesem Fall: passive Rollstuhlfahrer. Doch das entspricht nicht der Lebensrealität von Rollstuhlfahrern auf der ganzen Welt. Nein, Rollstuhlfahrer sind unternehmungslustig, leben in der Regel selbstbestimmt und sind auch sportlich aktiv. Sie sind immer in Bewegung. (Klar, es gibt auch Ausnahmen und weniger aktive – keine Frage.)
Doch diese Lebensfreude und Aktivität wird durch dieses allseits verbreitete Symbol nicht ansatzweise aufgegriffen. Jetzt werden vielleicht Stimmen laut, die sagen: „Aber Symbole sind doch nur stilisiert. Sie können ja gar nicht die ganze Bandbreite abbilden.“ Ja, das stimmt.
ABER: Auch ein stilisiertes Symbol kann die Aktivität und Selbstbestimmtheit von Rollstuhlfahrern ausdrücken. Den Beweis dafür tritt beispielsweise das Accessible Icon Project an:

Dieses Symbol ist schon auf den ersten Blick deutlich dynamischer. Die nach vorne gerichtete Person wirkt zielstrebig und in Bewegung. Generell steht mehr die Person im Vordergrund als der Rollstuhl an sich.
Raúl Krauthausen machte mich (und viele andere) in seinem Vortrag auf der re:publica 2014 auf dieses Projekt aufmerksam.
Parallel dazu, waren mir an diesem Tag und auch schon am Vortag vermehrt Symbole für barrierefreie Toiletten aufgefallen.
Während morgens im Hotel das Symbol noch dem passiven Standard entsprach:
So stieß ich bei der Suche nach einer Toilette auf dem Gelände der re:publica gleich zweimal auf barrierefreie Toiletten, deren Symbole anders waren:
Beide Symbole sind deutlich aktiver designt als das Standard-Symbol im Hotel beispielsweise. Ich war positiv überrascht. Und in Raúls Vortrag erfuhr ich dann von dem Accessible Icon Project und der Kreis begann, sich zu schließen.
Ich werde jedenfalls weiterhin die Augen offen halten und hoffe, in Zukunft auf immer mehr dieser selbstbestimmt angelegten Symbole zu treffen.
Denn: Symbole prägen uns und unser Denken.
Wie findet ihr die aktiveren Symbole? Kennt ihr andere Orte, wo man solche Symbole finden kann?
Über dieses Thema bin ich kürzlich auch gestolpert und habe mir ähnliche Gedanken gemacht wie du. Das Rollstuhl-Icon ist für viele einfach der häufigste „Behinderten-Kontakt“ – logisch, dass das prägt.
Umso mehr hab ich mich gefreut, in Griechenland ein deutlich aktiveres Icon zu finden:
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… konnte das Foto nicht einbinden, hier der Link.

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Danke Birgit für dein Feedback und vor allem das Foto!
Interessant ist, dass das Foto zwar auf der Tür ein aktiveres Icon zeigt, daneben aber auch (in blau) ein typisches passives Icon hängt.
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Ich gebe zu, ich habe noch nie über das Symbol ansich nachgedacht. Warum auch, ich kann ja gehen. ..vielen Dank für diesen kritischen Blick, es ist der Wahnsinn, was ein bisschen Veränderung bewirkt. Ich werde die Augen offen halten und hoffe noch viele solche tollen und „bewegten“ Symbole zu sehen.
Hat mich wirklich zum nachdenken und hinschauen angeregt!
Grüße Feli
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Feli, auch ich habe mir früher ehrlich gesagt nicht so explizit Gedanken darüber gemacht.
Aber genau deswegen habe ich darüber geschrieben. Um auch anderen diesen Blickwinkel zu ermöglichen.
Und wenn es dich sowohl zum Nachdenken als auch zum Hinschauen angeregt hat, ist es doch schon mal super. :)
Danke für dein Feedback!
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