Hitzlsperger: Homosexualität im Profifußball

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Thomas ist 31 Jahre alt und sehr sportlich. Thomas möchte gerne mit Männern leben, denn er liebt Männer. Schön, aber heutzutage doch eigentlich relativ unspektakulär, oder? Nicht wenn der besagte Thomas mit Nachnamen Hitzlsperger heißt und bekannter Profifußballer ist. Denn: Die Männerdomäne schlechthin, der Profifußball, und Homosexualität passen nicht zusammen.

Das zeigt sich allein schon in der Tatsache, dass Hitzlspergers Coming-Out erst mit dem Ende seiner aktiven Profisport-Karriere stattfand. In einem Video-Interview sagt er selbst, dass er nun, sechs Monate nachdem er aufgehört hat, aktiv Fußball zu spielen, vor einer neuen Lebensphase stünde und diese nutzen wolle, um über seine Erfahrungen als homosexueller Fußballprofi zu sprechen. Später sagt er sinngemäß, dass sein Beispiel jungen homosexuellen Spielern Mut machen soll, mit sich und ihrer Sexualität offen umzugehen.

Wenn zu sich selbst stehen Mut erfordert

„Thomas Hitzlsperger sagt, dass er Männer liebt. Es ist beschämend, dass Mut dazu gehört, uns mitzuteilen, was uns eigentlich nichts angeht.“

Mit diesen Worten begann Esther Schapira in der „Tagesschau“ den bis jetzt besten und treffendsten Kommentar zu Hitzlspergers Coming-Out. Denn mit diesen wenigen Worten bringt sie die Sache auf den Punkt:

Ja, es ist tatsächlich beschämend, dass es heutzutage Mut erfordert, (als Person der Öffentlichkeit) zu allen Facetten seines Seins zu stehen.

Und ja, eigentlich geht es uns wirklich gar nichts an, ob ein Mensch Frauen oder Männer liebt. Und eigentlich sollte es auch völlig egal sein. Weil es keinen Unterschied macht – in keinerlei Hinsicht.

Homophobie in der Fankurve

Warum aber ist nun gerade das Coming-Out eines Profi-Fußballers ein so großes mediales und gesellschaftlich relevantes Ereignis? Unzählige Medien berichteten, Fußballerkollegen wie Arne Friedrich und Lukas Podolski gratulierten ihm zu diesem Schritt und selbst Regierungssprecher Steffen Seibert äußerte sich positiv.

Doch auch hier kann ich mich nur erneut dem weiteren Wortlaut des Kommentares von Esther Schapira anschließen:

Die einhellige Begeisterung der Prominenz und Politik ist verlogen, solange sie verschweigt, worüber dringend geredet werden muss:

Es gibt die kleinen Widerlichkeiten und Anzüglichkeiten, es gibt Beleidigungen und Stammtischparolen und Gewalt. Nicht nur, aber eben auch im Stadion und in der Kabine.

Und genau diese Anzüglichkeiten, Beleidigungen und leider auch Gewalthandlungen sind doch letzten Endes schuld daran, dass Profispieler wie Hitzlsperger sich offenbar sehr genau überlegen, ob und wann sie sich outen.

Im Rahmen der ganzen Berichterstattung in den letzten Tagen sah ich auch ein Interview mit einem Sportjournalisten. Dieser riet homosexuellen Profifußballern sogar ganz deutlich davon ab, Hitzlspergers Beispiel zu folgen und sich zu outen – zumindest solange sie aktiv an ihrer Karriere arbeiten.

Erschreckend und beschämend.

In was für einer Gesellschaft leben wir eigentlich? Können etwa nur heterosexuelle Männer „echte Kerle“ sein, die dem harten Profifußball gewachsen sind? Warum glauben offenbar immer noch so viele Menschen, dass schwule Männer verweichlichte Softies seien? Und wovor haben all die homophoben Menschen eigentlich konkret Angst?!?

Und jetzt?

Wird Hitzlspergers Coming-Out den Profisport verändern? Ich kann es mir nur schwer vorstellen. Gewiss nicht über Nacht. Aber ich denke trotzdem, dass er ein wichtiger Tropfen auf den heißen Stein war.

Mein Schlusswort möchte ich heute noch einmal an Esther Schapira abgeben:

Was wir brauchen, sind mehr mutige Männer und Frauen, die dafür sorgen, dass kein Mut mehr dazu gehört, man selbst zu sein.

Was haltet ihr von Hitzlspergers Coming-Out? Glaubt ihr, dass nun weitere Profisportler seinem Beispiel folgen werden?

Hier noch meine persönlichen Lieblinks zum Thema:

Hier geht es zum Video-Kommentar von Esther Schapira

Ein ebenfalls gut formulierter offener Brief an Hitzlsperger von Arnd Zeigler

Solange wir uns outen müssen, sind wir nicht frei

PDF-Broschüre „Schöner schreiben über Schwule und Lesben“


Ein Gedanke zu “Hitzlsperger: Homosexualität im Profifußball

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